Police Reunion

Sep
11
2007
Hamburg, DE
HSH Nordbank Arenawith Fiction Plane
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Mission Nostalgie - Keiner spielt Police-Songs so gut wie Police: Das erste Deutschlandkonzert der Gruppe in Hamburg...

Nichs geht auf dem Parkplatz Grün. Autoschlangen drängeln in das eine Nadelöhr zur Straße, und die Kennzeichen deuten auf viele lange Heimfahrten hin. Aber das Warten nervt nicht. Denn der Zauber wirkt noch. Auch eine Dreiviertelstunde nach dem Konzert. Police war da.

Gefeiert von 30,000 Menschen im Stadion des Hamburger SV beim ersten ihrer vier Deutschlandkonzerte. Nun sitzt man auf Parkplatz Grün, hat Stings Stimme im Kopf oder im Autoradio und lässt die Show noch ein bisschen nachschwingen. Ist irgendwie alles wie früher. Prima. Dann hat das ja doch alles einen Sinn gehabt mit der Wiederbelebung des Trios.

Es ist ein zweistündiges Praxisseminar Popgeschichte. Monothematisch. ''Guten Abend, meine Damen und Herren, hier ist die Polizei'', radebrecht Seminarleiter Sting, als die drei unter lautem Jubel die Bühne betreten. Es ist zugleich der üppigste Sprechtext des Abends. Wer ein Vierteljahrhundert Pause binnen zwei Stunden vergessen machen will, sollte keine Zeit mit Quatschen vergeuden, auch nicht am 11. September.

Botschaften werden hier höchstens gesungen, die erste als Flaschenpost. 'Message In A Bottle' eröffnet die Hitparade, in einer rauen Version, die ihrerseits die Botschaft trägt: Es gibt auf dieser Nostalgie-Mission zwar keine neuen Lieder, aber wir sind nicht als gemütliche Salonmusiker zurückgekehrt, als eigene Coverband, als The Absahner formerly known as Police. Sondern als das Original mit Qualitätsgarantie und noch einer Botschaft: Ein Song ist nur so gut, wie man ihn spielt. Und keiner spielt Police-Songs so gut wie Police.

So gesehen gibt es viele gute Songs an diesem Abend. Sonst nichts. Natürlich wirkt ein solcher Purismus wie aus der Zeit gefallen. Wer wagt es heutzutage schon, sich einfach auf eine Stadionbühne zu stellen, ohne das Volk mit einem Spezialeffektgewitter für das horrende Eintrittsgeld zu entschädigen? Stattdessen ein Event, das nur aus Musik besteht. Es mag die drei Briten gereizt haben, sich den eigenen Status vor Augen zu führen. Nach all der Zeit. Dafür, dass das Comeback eine launige Idee war, ist das Ergebnis nicht schlecht.

Auf der Bühne gibt's viel Gewohntes. Gitarrist Andy Summers, modisch nach wie vor eher sackig als zackig, streut sphärische Echoriffs in die Arena. Ab und zu packt er kräftiger zu, hält sich ansonsten aber im Hintergrund. So gut das bei drei Leuten geht. Stewart Copeland trommelt wie immer in Fahrradhandschuhen. Wie entrückt und besessen zugleich sitzt er auf seinem Hocker und bearbeitet Felle und Bleche. Er kann die Finger einfach nicht still halten, scheint vier Arme zu haben, ist Schlagzeuger und Perkussionist in einem.

Sting mag im Fokus stehen, Copeland war und ist der Motor des energiegeladenen Police-Sounds, der immer nach mehr klang als nach nur drei Personen.

Und Sting? Hat ein enges T-Shirt über seinen muskulösen 55-jährigen Körper gespannt und spielt einen abgegrabbelten Bass. Die Stimme ist dagegen ohne Kratzer. Er schafft auch noch die ganz hohen Töne, nimmt aber nicht mehr jeden. Bei 'Truth Hits Everybody' bleibt er zunächst eine Etage tiefer, schwingt sich dann aber noch einmal auf, als ob er beweisen wollte: Hier, Leute, geht noch alles. Nur die Rumhopserei von früher schenken sie sich heute. Hätte bei Mittfünfzigern wohl auch albern ausgesehen.

Hamburg hört - in perfektem Sound - ein Best-of-Programm mit kleinen Ausreißern. 'Driven To Tears' ist eher ein Hinterbänkler, 'Walking In Your Footsteps' auch. Der Rest ist teils aufpolierte New-Wave-Folklore aus den seligen Achtzigern, in denen man Lieder noch 'De Do Do Do, De Da Da Da' nennen konnte. 'Every Little Thing She Does Is Magic', 'Wrapped Around Your Finger', 'Invisible Sun', 'I Can't Stand Losing You', schließlich 'Roxanne'. Die Band zelebriert den Song ausufernd - und doch sehr frisch. Spätestens hier fragt man sich, ob eine solche Band heute eine Chance hätte, wenn sie neu wäre.

'Every Breath You Take' und das wilde 'Next To You' als Zugabe, dann ist Schluss. Doch der Zauber wirkt weiter. Bis zu Parkplatz Grün. Und ein bisschen darüber hinaus.

(c) Hannoversche Allgemeine by Uwe Janssen
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