Lautenlieder: Sting singt in Frankfurt Stücke des Renaissance-Komponisten Dowland...
Als Sting mit seinen Kollegen Stewart Copeland und Andy Summers nach über 20 Jahren eine Reunion ihrer Band The Police ankündigten, erregte das weit mehr Aufsehen als die Veröffentlichung seiner jüngsten CD. Dabei ist Gordon Sumner unter seinem Künstlernamen Sting in den vergangenen beiden Jahrzehnten weit erfolgreicher gewesen als seine ehemaligen Mitstreiter.
Gerade in der Zusammenarbeit mit Jazzmusikern hat sich Sting als qualitätsbewusster und vielseitiger Musiker erwiesen, der den Songs auch mit seiner eher rauen als sanften Stimme seinen Stempel aufdrückt. Diese Charakterstimme ist seinen Bemühungen um den englischen Renaissance-Komponisten John Dowland zunächst eher hinderlich gewesen. Sting hat sich an der Schola Cantorum in Basel einer Gesangsausbildung für alte Musik unterzogen, um den Anforderungen des ''Urvaters der angelsächsischen Songtradition'' besser gerecht werden zu können, wie die CD 'Songs From The Labyrinth' zeigt.
Allerdings verleiht Sting den Dowland-Songs seine persönliche Note. Das ist bei seinem Konzert am Dienstag in der gut besuchten Jahrhunderthalle Frankfurt-Höchst noch deutlicher geworden. Wie in der Studioaufnahme hat sich Sting auf seiner Tour der Mithilfe des Lautenisten Edin Karamazov versichert. Sting liefert im Kernteil ein biografisch-musikalisches Kurzporträt Dowlands, des Komponisten, Lautenspielers, Texters und Sängers der elisabethanischen Zeit. Immer wieder liest er zwischen den Songs aus Briefen Dowlands, worin dieser auch von einem Besuch beim Darmstädter Landgrafen und dem höfischen Leben vieler europäischer Adelshäuser berichtet.
Den beiden Musikern gelingt es, die Kompositionen Dowlands ansprechend zu reproduzieren, etwas von dem Renaissance-Flair lebendig werden zu lassen. Doch die Zuhörer sind mehr von der intimen Atmosphäre des Konzertes und der konzentrierten Vortragsweise ergriffen als von der etwas eindimensionalen Musik. Edin Karamazov beherrscht die Saiten seiner verschiedenen Lauten mit enormer Fingerfertigkeit, Sting intoniert dazu mit einer Stimme, der man vor allem das Atem- und Modulationstraining anhört.
In konzentrierter Atmosphäre vergeht nach einer fünfzehnminütigen Einleitung Karamazovs das knapp eine Stunde dauernde Hochamt für John Dowland, teilweise zusätzlich noch unterstützt von einem achtköpfigen englischen Chor. Gelegentlich kommt der Eindruck auf, man verfolge die Live-Aufnahme eines Soundtracks zu einem Historienfilm aus der Zeit von Elisabeth I.
Begeisterter Jubel kommt indes erst auf, als im Zugabe-Teil Sting-Hits wie 'Fields Of Gold' und 'Message In A Bottle' gespielt werden - allerdings im Dowland-Stil umarrangiert.
(c) Echo Online by Andreas Müller
Lauten fürs 21. Jahrhundert...
Auf monatelangen Mammuttourneen vergangener Jahre wirkte der Weltstar allzu oft routiniert und gelangweilt. Beim Gastspiel in der ausverkauften Jahrhunderthalle hingegen geniesst das schottische Multitalent im Gespann mit dem bosnischen Lautenvirtuosen Edin Karamazov sowie dem achtköpfigen Begleitchor Stile Antico seine Rolle als elisabethanischer Barde sichtlich.
Die überwiegend auf deutsches Pop-Radioformat geeichte Fangemeinde in der Jahrhunderhalle reagiert auf den komplett in Moll getönten Songzyklus des englischen Komponisten John Dowland, ein in ganz Europa populärer Lautenspieler der Renaissance, der von 1563 bis 1626 lebte, zumindest ein wenig irritiert. Zumal sich die Ereignisse um Sting momentan ohnhin ein wenig überschlagen: Schliesslich ist es keine drei Wochen her, als die sensationelle Nachricht über den Ticker kam, dass der 55-jährige Familienvater höchstpersönlich ''The Police'' reformiert hat.
Insgeheim wünschen sich wohl viele im mit endlosen Sitzreihen bestückten Auditorium, dass Sting möglichst viele seiner Hitklassiker zum Besten geben möge. Diese Hoffnung erfüllt sich allerdings nur in eingeschränktem Maße: zum Finale, wenn das Popidol den Solo-Hit 'Fields Of Gold', aber auch den ''Police''-Klassiker 'Message In A Bottle' im spartanischen Arrangement des 16. Jahrhunderts kredenzt. Belohnung für eineinviertel Stunden Aussharrens, während der ehemalige Englischlehrer Gordon Matthew Sumner, wie Stings bürgerlicher Name lautet, zwischen anspruchsvollem Liedmaterial auch noch Geschichtsunterricht erteilt und erklärt, dass John Dowlands Herzenswunsch, erster Hof-Musikant von Königin Elisabeth I. zu werden, sich nie erfüllte.
Dreh- und Angelpunkt des zwischen E- und U-Musik erfolgreich vermittelnden Experiments bleibt die Laute, ein im Vergleich zur Akustikgitarre geradezu monströses Instrument, das Dowland virtuos beherrschte. Ein Umstand, der auch auf den in ein weinrotes Samtsakko gekleideten Maestro zutrifft, der den Songreigen eröffnet. Edin Karamazov unterhält ein ganzes Arsenal an ungewöhnlichen Lauten-Modellen. Wie besessen wandern seine muskulösen Finger über das breite Griffbrett, dicke Saiten und den voluminösen Rundkorpus, als er Bachs schwierige Toccata und Fuge d-Moll BWV 565 anstimmt. Erst nach zwanzig Minuten gesellt sich Sting dazu.
Höchste Konzentration fordert das Duett-Lautenspiel dem 16-fachen Grammy-Gewinner ab. Zumal Sting seine Stimme auch noch um einige Oktaven tiefer gelegt hat als gewohnt. Ausser Dowlands Komposition gibt es auch noch den einen oder anderen Song von dessen zeitgenössischem Kollegen Robert Johnson zu hören. ''Nicht der Bluessänger'', wie Sting belehrt. Die Namensgleichheit inspiriert zum augenzwinkernden Bluff. Im Zugabenteil kündigt Sting ein weiteres Stück von Johnson an. Präsentiert mit 'Hellhound On My Trail' aber einen Klassiker der Blues-Legende - ein unverschnittener 12-Takter für zwei Lauten.
(c) Frankfurter Neue Presse by Maximilian Steiner