Sting auf Tournee - Ein Ticket in die Nostalgie
Ob er sich später noch an dieses Konzert erinnern wird? Wird ihm der Anblick der mit fast zwanzigtausend Menschen dichtbesetzten Berliner Waldbühne im Gedächtnis bleiben oder eher die drohend über den Rand der gigantischen Amphitheaterbühne hinwegfegenden Regenwolken, die beim ersten Klang der Musik aufreißen? Merkt er sich die grellbunten Tupfer der Regenjacken im Publikum, den verhaltenen Applaus nach den ersten Stücken, oder bleibt einzig der ekstatische Jubel zum Schluß haften?
Für die Zuhörer, so möchte man meinen, ist jedes Konzert ein Erlebnis, für den Sänger hingegen über Monate allabendliche Routine, eine diffuse Erinnerung, animiert von rhythmisch klatschenden Händen, unterlegt von mitgegrölten Refrains. In seiner Autobiographie 'Broken Music' vermittelt Sting trotz seiner höflichen Art durchaus einen Eindruck von der Gleichförmigkeit solcher Tourneen.
Dagegen wird wohl nur den allerwenigsten derer, die sich zum Auftakt von Stings Deutschlandtournee eingefunden hatten, die klamme Witterung, die Thüringer Rostbratwurst oder der Streit mit dem ständig die Sicht versperrenden Vordermann nachgehen. Sie werden hoffentlich auch die riesigen Leinwände sofort vergessen, auf denen, je nach Song, sich Frauenschemen räkeln, esoterische Plasmafunken aufglühen oder über die bombenabwerfende Flugzeuge hinwegbrausen.
Daß der versöhnliche, aber eben auch verwechselbare Popanteil von Stings Musik mit jedem Album gewachsen ist und daß diese folkloristisch überschminkte Ausdrucksarmut gerade im Konzert spürbar war, läßt sich ohnehin leicht verdrängen. Das Gedächtnis bewahrt vor allem ein Stimmungsbild: die lichtumflossene Gestalt des Sängers, die sich über die Baumkronen senkende Dämmerung, die vertrauten Klänge der 'Police'-Hits, der träumerisch-entrückte Ausdruck auf den Gesichtern der Umstehenden. Ein Sting-Konzert wie ein Madeleine-Ersatz, als Ticket in die Nostalgie. Das Publikum ist mit dem Zweiundfünfzigjährigen älter geworden.
Stings neues Album 'Sacred Love' ist gewiß kein Meilenstein der Popgeschichte (F.A.Z. vom 8. November). Doch wer heute noch zu den 'Rolling Stones', den 'Beach Boys', Van Morrison oder Bob Dylan geht, tut dies nicht wegen der letzten Zusätze zur Produktpalette, sondern weil er eine Musik hören will, die sich vor langer Zeit eingeprägt hat. Der Beweis dafür, daß auch Sting inzwischen in die Reihe dieser Großen, zu den Klassikern gehört, wurde an diesem Abend eindrucksvoll geführt: Weder das Fußballspiel noch der Regen hinterließen Lücken im Publikum.
'Auch wenn hier eine Menge Leute sind: Ich habe keine Angst', bekannte Rufus Wainwright, der schöne, außerordentlich begabte Dandynachwuchs unter den Songschreibern. Der Kontrast zwischen dem Vorsolisten und dem Star hätte größer nicht sein können. Allein am Flügel sitzend, ließ Wainwright seine klare Stimme in den trüben Himmel steigen und scherte sich nicht um das mißmutige Publikum.
Für Sting wurde das Instrument weggeräumt und Kabel eingestöpselt. Der Eröffnungssong 'Send your love' ertrank fast im Elektrobrei; eine Krankheit, die auch die meisten anderen neuen Lieder infizierte. Das Publikum gab sich denn auch zunächst spröde. Es dauerte fast eine Stunde, bis sich bei älteren Titeln wie 'Fragile' und 'Fields of Gold' nicht nur die Hosenböden von den Bänken, sondern auch die Hände aus den Jackentaschen lösten. Aber dann war kein Halten mehr, auch wenn Sting sein schönstes Stück der letzten Jahre, 'Stolen Car', mit einem Hip-Hop-Cover verdarb.
Dafür hielt er den obligatorischen Appell zur Weltverbesserung kurz ('Don't Do Nothing') und besann sich lieber auf seine besten Zeiten mit 'Walking On The Moon', 'Englishman in New York' und 'Roxanne', dem rot leuchtenden Höhepunkt des Abends. Hier, im Herzen seiner Musik angekommen, hatten auch die Hymnen 'If I Ever Lose My Faith In You' und 'Every Breath You Take' nichts von ihrer Magie verloren. Was bleibt, ist die Erinnerung an ein früheres Lebensgefühl und an ein bemerkenswertes Konzert - ohne Bedauern, daß beide der Vergangenheit angehören.
(c) Frankfurter Allgemeine Zeitung by Felicitas von Lovenberg
Vom Winde verweht - Ein Pop-Gigant zitiert sich selber: Stings Tournee-Auftakt in der Waldbühne...
Vieles deutet auf einen depressiven Abend in der Waldbühne hin. Sting hat persönliche Schicksalsschläge hinter sich und traurige Songs geschrieben. Am Ende sind seine Fans trotzdem alles andere als betrübt.
''Es gibt keine Religion außer Sex und Musik'' singt Sting in 'Send Your Love' und meint das natürlich gar nicht so. Vielmehr ist der Song, der den Abend in der Waldbühne eröffnet, eine provokante Attacke gegen Fundamentalisten gleich welcher Couleur, gegen die Gut-Böse-Denker und Kriegstreiber. Mit seinem treibenden Rhythmus gehört 'Send Your Love' noch zu den flotteren Titeln auf Stings neuer Platte, die er mit siebenköpfiger Verstärkung live vorstellt.
Berlin ist Auftakt einer Open-Air-Tour durch fünf deutsche Städte. Trotz Fußballs ist die Waldbühne voll, dem britischen Pop-Giganten zuliebe verpasst man sogar ein Match von nationaler Tragweite. Nicht nur die Fans, auch der Sound leidet unter heftigen Windböen. Aber für die Witterungsverhältnisse kann man den selbst ernannten Hüter des Regenwaldes nun wirklich nicht verantwortlich machen. Zumindest bleibt es trocken.
'Sacred Love', das neue Album, entstand nicht nur unter Einfluss der politischen Großwetterlage. Gordon Sumner, den sie in der Jugend wegen seines an eine Biene erinnernden Pullovers ''Sting'' (Stachel) tauften, hat persönlich schwere Zeiten hinter sich. Die Eltern starben an Krebs, das Verfassen seiner Autobiografie 'Broken Music' verstand der 53-Jährige als eine Art Therapie. Auch 'Sacred Love' hört man dies bei allen musikalischen Finessen deutlich an.
Vieles weist also auf einen depressiven Abend hin. Der Verdacht erhärtet sich beim Vorprogramm, das Rufus Wainwright bestreitet. Ein ziemlich einsamer Mann am Klavier, der einige wenige, aber immer noch zu viele Songs lang seinem Weltschmerz huldigen darf. Der Star des Abends hat dann auch erwartungsgemäß viel Melancholisches im Gepäck. Zum Glück kann der Künstler, dessen Songs unter Jazz-Sängern wie bei der jugendlichen Pop-Garde als bevorzugt gecoverte Klassiker gelten, aus dem Füllhorn seiner 30-jährigen Karriere schöpfen.
Schon als zweite Nummer rockt der alte Police-Titel 'Synchronicity' durch die Arena, zwischen die neuen Songs streut Sting das diesmal fast ironisch klingende 'Fragile' oder 'Fields of Gold' ein. Absolute Ohrwürmer, die fast jeder andere Künstler fürs krönende Finale aufsparen würde, nutzt Sting zur Auflockerung.
Trotzdem: Erster Höhepunkt ist die wunderschöne 'Whenever I Say Your Name'. Ein noch junger Titel, den Sting auf Platte mit Soulstar Mary C. Blige singt und hier mit seiner Background-Sängerin mindestens ebenso stimmungsvoll rüberbringt. Ähnliches gilt für 'Stolen Car (Take Me Dancing)', das mit Hilfe des Rappers Will I Am von den Black Eyed Peas als Überraschungsgast weit schwungvoller als auf Platte daherkommt und absolut in die Beine geht. Erstmals, immerhin nach gut einer Stunde Spielzeit, stehen die Fans auf, allmählich vergisst man die ungünstige Witterung und auch die Tontechniker wissen endlich dem Wind in der Waldbühne zu trotzen.
Was dann folgt, kann man getrost als Hitparade bezeichnen: die Klassiker 'Walking On The Moon', sehr jazzig, 'Englishman in New York', relativ konventionell. Und 'Roxanne', der Erfolgstitel von Police aus den Siebzigern; was damals ein gängiger Drei-Minuten-Song war, wird jetzt dank viel Improvisationskunst zu einem virtuosen Viertelstündchen.
'Dead Man's Rope', das den alten Song 'Walking In Your Footsteps' aufgreift, ist eines von vielen Beispielen, wie sich Sting seit Jahren fleißig selber zitiert. Das aber auf einen Niveau, das im Pop-Gewerbe seinesgleichen sucht. Und ohne dabei, bei allen stilistischen wie weltanschaulichen Ansprüchen, die Bodenhaftung zu verlieren zum Rock, zum Punk, zu Soul oder New Wave früherer Tage. Man spürt, dass ihm das Spielerische, das immer neue Ausprobieren von Songs, die er so viele Male vor großem Publikum vortrug, immer noch wichtig ist. Auch am Ende des Konzerts: mit dem orientalisch angehauchten 'Desert Rose', dem Beweis, wie selbstverständlich Sting andere Kulturen in seinen Horizont einreiht. Mit 'If I Ever Lose My Faith In You'. Und mit dem wohl schönsten Lied, das je über eine Scheidung geschrieben wurde, 'Every Breath You Take'. Vielleicht verkündet der ehemalige Lehrer aus Wallsend nicht mehr so viele Botschaften wie einst. Doch mitzuteilen hat er immer noch verdammt viel.
(c) Berliner Morgenpost by Uwe Sauerwein
On and on the rain will fall...
48 hours after Vienna I was in Berlin. I was actually the first person to turn up to the book singing at 9:30. It was quite funny because the shop didn't open until 10 but there was a side entrance with a security guard on the door. I said that I was here to see Sting and he must have thought I was an official because he let me through. The place Sting was going to sign was down some stairs. I could see the desk and backdrop being prepared so I began to walk down the stairs. This guy came up to me and said ''are you here with Sting'' so I said ''yes'' he then said ''ah you must be Mr Francis'' (meaning Billy). For a moment I though to myself uuummm should I say ''yes'', but honesty got the better of me so I had to say ''no I was just here for the signing'' at which point I was asked to leave the building.
I was desperate to see some of the sights of Berlin so I went away and didn't actually get back to the shop until 1:15 by which time a large queue had developed I joined it but knew I was too far back to get to see him and so it proved as having got about half way down the queue they announced that he had to go.
The concert in the evening took place in a purpose built amphitheatre on the outskirts of the city up near Spandau and by the Olympic stadium. As we waited outside the gates the clouds grew darker and darker an sure enough we were treated to a sharp shower but this was nothing compared to what we were going to get once inside. We could hear the sound check as we waited. They were practising Stolen Car and there was someone rapping. A person in the crowd said that the Black Eyed Peas were going to be there so could this be them?
I had been told by Stepanka about the treacherous nature of the dash to the front as the Waldbühne has a steep flight of very narrow stone steps leading down the slope to the arena area. The sharp shower has nicely greased the steps adding to the 'fun run' to the stage. I was so happy at reaching the bottom without serious injury that I put on a real spurt to reach the stage. Unfortunately however my left hamstring didn't want to go that fast and decided to ping. I really am too old for all this!
To add to the misery the heavens opened twice whilst we were waiting for the show to start with really heavy rain which totally drenched us all. The couple standing next to me offered me a plastic bag which I made an emergency T-shirt out of to try and keep dry. I looked a total prick but hey, what's new!
By the time Sting came on stage we had started to dry out. The set began with 'Send Your Love' and 'Synchronicity II' as in Vienna. To the right of the stage I could see the Black Eyed Peas standing and watching the show. It was obviously then who we had heard during the sound check. More songs from 'Sacred Love' were performed including 'Whenever I Say Your Name' with Joy performing another fantastic solo, she really is amazing.
We were also treated tonight to the two songs omitted in Vienna, 'Walking on the Moon' and 'Stolen Car'. And it was during the latter that Sting invited the BEP onto the stage to perform with him. The girl has an amazing voice and Will i am did his dancing and rapping. It was one of the highlights of the show. Sting also called them back onto the stage for 'Every Breath You Take'. They were a bit slow getting on however so only managed to appear towards the end of the song.
The set ended with the ''new Fragile'' 'A Thousand Years' and another great night for me, as far as Sting was concerned, was over. Jake the cameraman from Sting.com was there filming the show so there should be some footage on the site.
I rounded off my night by going to see Dominic at the A-Trane club. It was nice to get to chat to Dom, Rani, Jason and Keith who were also there. It was a very small club and there were lots of people there and it was very warm. I couldn't believe I had gone from being soaking wet and cold from the rain to boiling hot and wet through sweat on the same night. That's Rock 'n' Roll for ya.
So that's it for a while for me. My next shows are in California in late September early October in the meantime I have to do some serious work to pay off my Credit Card bill. Oh well as I always say it's better than doing jigsaws or crosswords for a hobby.
(c) Andy Finch for Sting.com
Vom Winde verweht: Stings Tourauftakt...
Es zieht in der Waldbühne, die trotz Europameisterschaft voll ist. Sting zuliebe verpasst man selbst ein Fußball-Match von nationaler Tragweite. Der britische Mega-Star intoniert ''Many Miles Away'' aus dem alten Police-Song 'Synchronicity II', leider klingt auch seine Stimme wie vom Winde verweht. Aber für die heftigen Böen kann der selbst ernannte Schützer des Regenwalds, der in Berlin seine Open-Air-Tour durch Deutschland eröffnet, natürlich nichts.
Unter Einfluss der weltpolitischen Großwetterlage entstand 'Sacred Love', das er mit siebenköpfiger Verstärkung vorstellt. Auch persönlich hat Sting schwere Zeiten hinter sich: Die Eltern starben an Krebs, das Verfassen seiner Autobiografie 'Broken Music' ging mit einer depressiven Phase einher.'Sacred Love' prägen äußerst nachdenkliche Songs, die er im Konzert mit Titeln früherer Jahre auflockert.
Bei 'Stolen Car', unterstützt von einem Rapper, stehen die Fans erstmals auf, man vergisst die ungünstige Witterung und auch die Tontechniker wissen endlich dem Wind zu trotzen. Was dann folgt, kommt einer Hitparade gleich: 'Walking On The Moon', 'Englishman in New York', 'Roxanne': Hunderte Male gespielt, doch bei einem Künstler, dem man die Lust am Ausprobieren stets anmerkt, klingen die Songs immer wieder neu. Vielleicht verkündet Sting nicht mehr so viele Botschaften wie einst. Doch mitzuteilen hat er immer noch verdammt viel.
(c) Die Welt